EINLEITUNG Purple Scare #3

WAS (IST) PASSIERT?

Wir hätten es selbst nicht mehr für möglich gehalten: Purple Scare #3 ist da! Unsere dritte Ausgabe. Oder auch nicht. Alles ist anders: Kein analoges Maga_zine. Eine online-Ausstellung. Aktuell mit Beiträgen anderer, zugesendet für unseren OPEN CALL zum 31.05.2020. Das war vor 629 Tagen. Es folgen weitere Beiträge aus dem Kollektiv. Stay tuned.

Warum das so ist, warum wir uns ein bisschen schämen und warum das auch okay ist, warum gerade das alles mit dem Thema unserer dritten Ausgabe [Utopien und Leiden_schaften] zu tun hat, erfahrt ihr hier in dieser Einleitung.

2017 ist unsere letzte Ausgabe erschienen. Seitdem: viel Bewegung im Außen und Innen, wechselnde Personen, Rahmenbedingungen und der Versuch, all das in einen gemeinsamen Prozess einzubinden.
(Das „wir“ in diesem Text ist deswegen auch ein sich wandelndes, uneindeutiges.)

Vorweg: Danke an alle Einreichenden, die unserem OPEN CALL nachgekommen sind. Danke für euer Vertrauen. Für eure Geduld. Es tut uns sehr Leid, dass es nun so lange gedauert hat, bis die Beiträge endlich veröffentlicht werden. Es tut uns Leid, dass der Rahmen anders ist, als zunächst gedacht. Wir machen nun das, was wir leisten können. Versuchen unsere Schwierigkeiten und Prozesse offen zu legen und hoffen, ihr fühlt euch in all der Reflektion trotzdem wertgeschätzt.

UTOPIE UND LEIDEN_SCHAFT: THEMENWAHL

Auch für die dritte Ausgabe haben wir nach einem Thema gesucht, mit dem wir uns schwerpunktmäßig beschäftigen wollen. Alles, worüber wir sprachen, bündelte sich in dem Themenkomplex „Utopien und Leiden_schaften“.

Im Nachhinein denken wir: diese Themenwahl war an sich schon utopisch.

Jedes Wort für sich genommen:  breit. Das zusammen: Einfach nur frech. Überfordernd, unkonkret, abstrakt. Unverschämt. Wichtig. Übergroß.

Irgendwie paradox und auch bezeichnend, dass genau dieses potentiell energiegeladene, leidenschaftliche Themenfeld teilweise eher hemmend war. Auch weil  wir es nicht gewohnt sind utopisch zu denken und zu handeln?!?

UTOPIE UND LEIDEN_SCHAFT: OPEN CALL

Dazu kam: Wir wollten zum ersten Mal einen OPEN CALL ausschreiben, bei dem wir um Beiträge für unser Maga_zine bitten.

Unsere utopische Vorstellung: Eine Verwebung externer und interner Beiträge. Ein Dialog. Vielschichtigkeit. Menschen verschiedener Positionierungen Raum geben. Vielfältige Perspektiven abbilden, Stimmen zu Wort kommen lassen, die oft nicht gehört werden; die unsere Gruppe mehrheitlich nicht abbilden kann.  

Wir sind dankbar für alle Einreichungen! Und merken gleichzeitig: unsere Utopie bleibt stellenweise eine Utopie. Wir haben viel über Zugänge und Barrieren diskutiert: Wen sprechen wir (nicht) an und warum? Wie können wir das ändern?

Diese Fragen sind eng verbunden mit einem weiteren Aspekt, der unsere Seifenblase in Gefahr gebracht hat: Was ist eigentlich unsere (Macht)Position bei diesem OPEN CALL? Wir waren überrascht davon, wie schwer es uns fiel, uns in unserer Rolle einzufinden. Als diejenigen, die entscheiden. Die entscheiden, welche Beiträge veröffentlicht werden. Welche potentiell überarbeitet. Können wir einfach alles drucken? Was sind eigentlich unsere Kriterien und sind diese überhaupt transparent? Wo wollen wir das Maga_zine-Kollektiv sein, dass Raum öffnet und wo crasht diese Öffnung mit den eigenen Vorstellungen, Ansprüchen, Wichtigkeiten? Wo können wir die dritte Ausgabe als etwas ganz neues feiern, dass sich gar nicht irgendwo einreihen muss? Wo bleibt bei all dem Struggle die Leidenschaft?

UTOPIE UND LEIDEN_SCHAFT: MAGA_ZINE KOLLEKTIV (ZU PANDEMIEZEITEN)

Eine Vorstellung war: wir gehen in redaktionelle Prozesse, in Austausch mit den Einreichenden. Diesem Wunsch, dieser Idee einer leidenschaftlich gelebten Zine-Utopie, konnten wir leider nicht gerecht werden. Das lag unter anderen an äußeren Bedingungen: Lohnarbeit, Studium und andere Eingebundenheiten, sowie  die Unmöglichkeit von persönlichen Treffen wegen der Pandemie nagten an unserer Kraft und unseren Kapazitäten. Aber auch interne Prozesse machten es uns schwer, zum Beispiel der Wandel oder die Unklarheit der Gruppen-Zusammenstellung. Das sind zum einem natürlich Schwierigkeiten aller ehrenamtlich arbeitenden Gruppen und passen zu dem Utopischen, das in solcher Polit-Arbeit steckt. Und zum anderem löschte die Pandemie (oft) den letzten Rest Leiden_schaft.

NOW: DIE BEITRÄGE & UNSER ANTEIL

Immer mehr Zeit verging und uns  wurde klar: entweder wir machen es ganz anders, oder es gibt keine dritte Ausgabe. Hier auf unserer Website seht ihr nun das Ergebnis: eine Art online-Ausstellung, unsere etwas andere #3. Wir freuen uns, dass die so unterschiedlichen Einreichungen nun doch einen Raum gefunden haben und bilden sie bewusst in ihrer Unterschiedlichkeit ab, mit Potential für Diskussionen und weiterführende Gedanken. Einige Beiträge, die nicht queerfeministisch verortbar waren oder sich in das Thema der #3 einfügen ließen, haben wir nicht veröffentlicht. Alle weiteren Beiträge aus dem OPEN CALL wurden so wie sie waren veröffentlicht und nicht lektoriert. Die Selbstbeschreibungen und Kommentare sind Zitate der Beitragenden.

Teilweise werden in den Beiträgen Wörter oder Sternchen anders verwendet, als wir das tun und verstehen. 


EIN DANK

Dass wir unsere dritte Ausgabe nun endlich fertigstellen konnten, verdanken wir unter anderem der Unterstützung von belladonna e.V., wo wir von Räumlichkeiten, Beamer, Material und einer inspirierenden Führung durch das Archiv und die Bibliothek profitiert haben. Vielen Dank noch einmal dafür! Wir denken: es lohnt sich, dort vorbeizuschauen, die Angebote zu nutzen und die Entwicklungen mitzubekommen!

https://www.belladonna-bremen.de/


P.S: WIE GEHT ES WEITER

Wir haben das Projekt OPEN CALL unter- und wertgeschätzt, viele Erfahrungen gesammelt, viel gelernt und sind so froh, die #3 nun doch noch abzurunden.

Angesichts unserer aktuellen Kapazitäten wollen wir auch in weiteren Projekten nicht zum Format unserer ersten und zweiten Ausgabe zurückkehren. Eher so: back to the zine-roots. Schnell, handgemacht, direkt. Also: Augen auf, vielleicht stoßt ihr ja dieses Jahr auf kleine handgemachte Zines oder andere Formate in Bremen. Alle weiteren Entwicklungen werdet ihr mitbekommen.

Wir wünschen euch viel Spaß, Gedanken, Diskussionen und Genuss bei Purple Scare #3!

Bis bald Eure Purples

Bild: @monilangart

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